Der BVS und die verschlafene Digitalisierung 1

Der BVS und die verschlafene Digitalisierung

Das tut im Jahr 2018 schon weh: Der Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e. V. (BVS) und mit ihm ihr Vizepräsident Bernhard Bischoff  beklagen in einer Pressemitteilung vom 02.07.2018 den Verfall der guten Sitten. Immer mehr Kunden der Gutachter nutzen automatisierte und sogar kostenlose Systeme zur Immobilienbewertung.

Bischoff (Zitat): „Die alte (Bauern-) Weisheit „Was nichts kostet, kann auch nichts“, trifft hier hundertprozentig zu.“

Dabei sind doch nur die öffentlich bestellten Gutachter die einzig „wahren“ Bewerter, die, die Herrscher über handgeschriebenen Zahlenwelten sind. Digitale Systeme, Big Data, Regressionsanalyse oder gar künstliche Intelligenz sind grundsätzlich abzulehnen. Das weiß man beim BVS spätestens seit 1996, als der Schachweltmeister Gari Kasparow vom Schachcomputer „Depp Blue“ besiegt wurde.

Dabei hat der Hass auf die digitale Welt beim BVS und den angeschlossenen IHK´s in Sachsen und Deutschland eine lange Tradition. So werden Benutzer von zeitgemäßer Wertermittlungssoftware wie „Sprengnetter Prosa“ schon seit vielen Jahren verunglimpft oder gar in den Verfahren zur „öffentlichen Bestellung“ benachteiligt (OLG Bautzen 4 K 856/07). Umso mehr freue ich mich, dass ich seit einigen Jahren im Programmbeirat dieser tollen Software aktiv an deren Weiterentwicklung mitarbeiten darf.

Man sollte sich auch einfach mal die Webseiten der Protagonisten des BVS anschauen. Viel Modernes oder gar Digitales gibt es da nicht. Manch eine Webseite von BVS-Mitgliedern wirkt, wie aus längst vergangenen Zeiten. Fortschrittliche Technologien wie Autoresponder, E-Books, elektronische Zahlungssysteme, Online-Terminvereinbarung etc. sind bei den Mitgliedern des BVS überwiegend nicht zu finden. Manche Mitglieder haben noch nicht einmal eine Webseite.

Wie sehr technikafin der BVS allgemein ist, zeigt sich auch daran, dass der BVS Sachsen im Jahr 27 nach der Einführung der Digitalfotografie (1991 stellte die kalifornische Firma Dycam die erste Digitalcamera auf der Cebit vor) endlich ein Seminar dazu anbietet. Im April 2018 wurde im Rahmen der Mitgliederversammlung des BVS Sachsen in Chemnitz der Vortrag „Digitalfotografie für Sachverständige (Basics)“ gehalten. Das war wirklich innovativ.

Ich teile da gern die Auffassung von Marc Stilke (früher CEO Immobilienscout24, heute Geschäftsführer Sprengnetter Immobilienbewertung), der sagt, dass es ohne Digitalisierung gerade auch im Sachverständigenbereich in den nächsten Jahren wirtschaftlich eng wird:

YouTube Video

Wir sind in Sachen Digitalisierung und meiner Webseite ganz gut aufgestellt und werden in den nächsten Monaten weitere große Schritte gehen. Die kostenlose automatisierte Wertermittlung finden Sie bei mir auf der Webseite bereits. Aber auch zu anderen digitalen Themen bin ich auf der Höhe der Zeit, denn „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.„.

In diesem Sinne wünsche ich ein schönes Wochenende!

Viele Grüße vom digitalen Sachverständigenschreibtisch

Euer

Lutz Schneider

PS: Der BVS bietet dann unten in seiner Pressemitteilung auch gleich noch „kostenlose Checklisten“ an. Ob für diese BVS-Checklisten auch das oben genannte Zitat „Was nichts kostet, kann auch nichts“ von Herrn Bischoff gilt?

PSS: Der BVS hat einen gleichlautenden Artikel auch in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht. Lustigerweise wird dort genau auf dieser Seite für kostenlose Immobilienbewertung geworben.

 

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Gerichte können nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierte Sachverständige beauftragen

A recent decision by the Hechingen District Court states that certification, if it is carried out according to the DIN EN ISO/IEC 17024 standard, represents a proof of competence comparable to a public appointment and is to be equated with it (Hechingen Regional Court, decision of July 19, 2017, Az. 1 OH 19/15).

The applicant had requested that the expert be canceled and a new expert commissioned because the court-appointed expert was not publicly appointed and sworn in. After the application was rejected by the Hechingen Regional Court, the applicant lodged an immediate appeal against the decision with the Stuttgart Higher Regional Court. The Higher Regional Court of Stuttgart rejected the applicant’s complaint on the grounds that:

“With his appeal, the applicant is ultimately attacking the appointment of the court-appointed expert. However, this is a decision that is not contestable under Section 490 (2) sentence 2 ZPO, as this affects the order of evidence. On the other hand, there is no decision that would have affected the applicant’s right to select an expert. Because the person of the expert is determined by the court (§§ 492 Abs. 1, 404 ZPO)“.

This can also be an expert certified according to DIN EN ISO/IEC 17024.

The provision of Section 404 (3) ZPO (priority of the publicly appointed expert) is a mere regulatory provision. The court that commissions a certified expert is therefore not acting incorrectly, according to the Hechingen district court with reference to Zöller-Greger, ZPO, § 404 para. 2 and the judgment of the OLG Hamm of June 7th, 2010, Az . The Düsseldorf Higher Regional Court also decided accordingly in its judgment of December 4th, 2012, Az. I-23 U 181/11.

If an expert is certified but not publicly appointed, the lack of public appointment according to this decision does not justify a presumption of a lack of specialist knowledge. Rather, the expertise results from its certification.